Hitman - Blood Money (Eidos) geschrieben von Hans Thiel
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Schon zum vierten Mal gibt Eidos den Spielern die Gelegenheit, den glatzköpfigen Killer Nummer 47 bei seinem finsteren Treiben zu unterstützen. Das bewährte Konzept aus Geduldsproben und wohldosiertem Gewalteinsatz wurde um einige Facetten bereichert, die Darstellung aufpoliert und Nummer 47 mit neuer Krawatte erneut in den Kampf geschickt. Nichts Persönliches Nachdem Geschichte und Werdegang des Herrn mit der Nummer 47 in den vorangegangenen Episoden eingehend beleuchtet wurden, ist die nun anstehende Bedrohung rein beruflicher Natur: Eine konkurrierende Agentur will sich auf dem Markt etablieren und versucht, die Auftraggeber von Nummer 47 und letztlich ihn selbst aus dem Verkehr zu ziehen. "Hitman - Blood Money erzählt dies als Rückblende einer Jagd, mit den vom Spieler zu erledigenden Aufträgen als Schlüsselglieder. Auch wenn schon im Intro das vermeintliche Ende vorweggenommen wird, schafft es die Erzählweise durchaus, Spannung aufzubauen und den Spieler in die dichte Atmosphäre des Spiels einzusaugen. Dank einiger Überraschungen, die sich erst im Ablauf der Missionen und in den Zwischensequenzen offenbaren, ist der unvermeidliche Showdown dennoch spannend und lässt wie gewohnt Raum für weitere Auftritte des Hitman. Die Wahl der Waffen In den Händen eines erfahrenen Killers - und ein solcher ist Nummer 47 zweifelsohne - wird beinahe jeder Gegenstand zur Waffe. Bis auf wenige Ausnahmen ist es durchaus möglich, jeden Auftrag fast unbewaffnet zu beginnen und die Möglichkeiten zu nutzen, die der jeweilige Auftragsort bietet. Eine Klaviersaite, zwei Spritzen mit tödlichem und nichttödlichem Betäubungsmittel sowie ein Sprengsatz mit Fernzünder gehören allerdings zur Grundausstattung und sind bei jedem Auftrag mit von der Partie. Fünf Waffen, je eine pro Gattung, bilden die erweiterte Grundausrüstung und stehen immer zur Verfügung. Mit von der Partie ist unter anderem wieder die beliebte Silverballer, eine Schrotflinte und das traditionelle Scharfschützengewehr. Zudem gehen alle anderen Schusswaffen, die der Spieler am Auftragsort an sich genommen hat, in seinen Besitz über und können von da an bei jedem neuen Job mitgeführt werden. Diese Waffen können allerdings, im Gegensatz zu den fünf Standard-Schießeisen, nicht weiter dem eigenen Geschmack angepasst werden. Das Geld, das nach erledigter Arbeit aufs Konto fließt, kann unter anderem dazu verwendet werden, die Ausrüstung von Nummer 47 entscheidend zu verbessern. Schalldämpfer, Visiere, größere Magazine, verbesserte Läufe und Schulterstützen - jede Waffe kann auf verschiedenste Art und Weise den persönlichen Vorlieben angepasst werden, um die Arbeit noch leichter und professioneller zu gestalten. Diese Erweiterungen sind natürlich nicht umsonst zu haben, können im Kampf aber von entscheidendem Nutzen sein. Um seinem Opfer möglichst nahe zu kommen, setzt Nummer 47 auch Verkleidungen ein, die an einigen Stellen, etwa in Umkleideräumen von öffentlichen Gebäuden, zu finden sind. Ist gerade kein Kostüm vorhanden, kann jederzeit ein Mitbürger "freundlich" um Mithilfe gebeten werden. Umherstehende Truhen, Kühlschränke oder Müllcontainer bieten genügend Platz, den Bewusstlosen oder die Leiche - je nach eigener Vorliebe - vor neugierigen Blicken zu verbergen. Bei all der Maskerade sollte Nummer 47 allerdings nie vergessen, in wessen Rolle er geschlüpft ist - ein Müllmann hat am Pool nichts verloren und in der Faust eines Handwerkers weckt ein Hammer oder eine Nagelpistole eben wesentlich weniger Misstrauen als in der eines Kochs. Geist oder Schlächter? Im Gegensatz zu den Vorgängern gibt es kein sofortiges Scheitern der Missionen mehr, sobald die Opfer oder die Sicherheitsbeamten alarmiert sind. In "Hitman - Blood Money" steigt dann lediglich der Schwierigkeitsgrad rapide an. Ist die Tarnung einmal aufgeflogen, streifen mitunter mehr als zwanzig Bewaffnete durch die Gegend und erschweren ein Fortkommen ungemein. Stupides Rumgeballer ohne Rücksicht auf Verluste ist im Grunde genommen nur Selbstmördern oder aber absoluten Profis zu empfehlen, die mit schnellen Reflexen der anstürmenden Gegnerschar entgegentreten. Doch auch wenn der Auftrag trotz des Blutbads erledigt wurde, wird dem unvorsichtigen Killer zu guter Letzt die Rechnung präsentiert. Der Lohn - das Blutgeld - fällt umso höher aus, je reibungsloser die Mission verlief. In der Hektik musste eine Waffe zurückgelassen werden? Der Anzug liegt auch noch neben der nackten Leiche irgendeines Mechanikers? Alles kein Problem, aber auch das wird eine Stange Geld kosten - Geld, das Sie dringend benötigen um Zeugen zum Schweigen zu bringen oder den Bürgermeister zu bestechen, damit die Phantomzeichnung und die Aufnahme der Überwachungskamera wieder aus den Akten verschwinden. Es obliegt dem Spieler, seinen Bekanntheitsgrad möglichst niedrig zu halten, andernfalls kann es durchaus passieren, dass Nummer 47 von Sicherheitsleuten und Polizei erkannt wird und sich wieder mit allen Mitteln seiner Haut erwehren muss, ohne seinem Opfer nahe gekommen zu sein. Es kostet allerdings Geduld, eine gute Beobachtungsgabe und eventuell mehr als einen Anlauf, um die bestmögliche Bewertung für einen Auftrag zu erhalten. Oft ist die Umwelt selbst voll tödlicher Gefahren, hier ein Balkon in luftiger Höhe, dort ein explodierender Grill oder ein herabstürzender Kronleuchter, so dass der Spieler seinen Auftrag hervorragend als tragischen Unfall tarnen kann. Der glatzköpfige Typ, der sich dabei immer in der Nähe herumtreibt, ist sicher nur ganz zufällig da. Lässt sich kein Unfall arrangieren, so kann der Spieler auch etwas direkter nachhelfen, indem er zum Beispiel Speisen und Getränke mit seinen Giftspritzen geschmacklich verfeinert. Erst, wenn alle Stricke reißen, muss er zum - hoffentlich schallgedämpften - Schießeisen greifen. Grafik Hier weiß "Hitman - Blood Money" völlig zu überzeugen. Licht- und Schatteneffekte sorgen für eine dichte Atmosphäre und können so unterschiedliche Orte wie eine rauchige Bar, ein Casino, die belebten Straßen von New Orleans oder das düstere Versteck von Nummer 47 hervorragend in Szene setzen. Die Figuren bewegen sich meist flüssig; gerade der Hitman selbst scheint, im Vergleich zu den Vorgängern, einige Gymnastikstunden absolviert zu haben. Gerade bei Massenszenen hätte aber etwas mehr Abwechslung in den Figuren die Illusion einer großen Menschenmenge perfekt gemacht. Die Darstellung der Akteure und Waffen ist dennoch sehr gut gelungen - kurzum, das Spiel ist, aktuelle Hardware vorausgesetzt, ein Augenschmaus. Sound Auch wenn einige der deutschen Synchronstimmen etwas dünn klingen, ist "Hitman - Blood Money" auch soundtechnisch hervorragend programmiert. Besonders hervorzuheben ist das Musikstück, das Intro und Spielmenü untermalt - atmosphärisch und schwermütig unterstreicht es den Eindruck der Bilder und verstärkt so deren Wirkung. Auch die Soundeffekte passen gut in die Gesamtstimmung, auch wenn manche Waffen etwas druckvoller hätten klingen können. Blutgeld Eines ist klar zu sagen: "Hitman - Blood Money" ist kein Spiel für Zartbesaitete und erst recht kein Spiel für Kinder. Auch wenn viel Wert auf durchdachtes Vorgehen gelegt und exzessives Gemetzel konsequent abgestraft wird, bietet das Spiel einige harte Szenen, die es zu Recht um eine Jugendfreigabe gebracht haben. Und während andere Spiele sich auf den immerwährenden Kampf zwischen Gut und Böse berufen können, sind die an Nummer 47 gerichteten Aufträge nur noch notdürftig moralisch bemäntelt. Bisweilen lassen die Aufträge auch tief in die Abgründe der menschlichen Seele blicken - beispielsweise wenn es in einer Mission darum geht, einen Erpresser gemeinsam mit seinem Opfer zu töten, um die Karriere eines Politikers nicht zu gefährden. Wer die vorangegangenen Teile mochte, kann mit dem vierten Teil der "Hitman"-Reihe nichts falsch machen. Doch auch für Neueinsteiger ist das Spiel auf jeden Fall einen Blick wert. Optisch und spieltechnisch hervorragend, bietet es auch erfahrenen Spielern einige Herausforderungen. Angehende Profikiller sollten aber unbedingt Geduld und Grips mitbringen, denn das Spiel belohnt gut überlegtes Vorgehen und straft gedankenloses Geballer gnadenlos ab. Empfehlenswert! (28.06.2006)
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