Sonic Chronicles: Die dunkle Bruderschaft (NDS) (Sega) geschrieben von Oliver Domke
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Ein Rollenspiel im "Sonic"-Universum, entwickelt von den Genre-Experten von Bioware, die unter anderem für "Jade Empire" und "Mass Effect" verantwortlich sind? "Da kann doch eigentlich nichts schief gehen", mag man denken. Und doch wird uns mit "Sonic Chronicles: Die dunkle Bruderschaft" das Gegenteil bewiesen. Warum das Spiel zwar gut ist, den mit den großen Namen verbundenen Erwartungen aber nicht gerecht werden kann, erfahren Sie in unserem Test. Neue Probleme auf Angel Island Nach seinem Sieg über den bösen Doktor Robotnik, besser bekannt als Eggman, sieht sich Segas blauer Igel Sonic mit neuen Problemen konfrontiert: Sein bester Freund Tails überbringt ihm die Nachricht, dass Knuckles, letzter Überlebender der Ameisenigel und Wächter des mächtigen "Master Emeralds", entführt wurde. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass ein finsteres Ereignis aus der Vergangenheit damit in Verbindung steht: Vor vier Jahrtausenden gerieten die zwei Ameisenigelvölker, der Knuckles-Clan und der Nocturnus-Clan, aneinander und löschten sich gegenseitig nahezu vollständig aus. Als Reaktion auf Tails Hilferuf beendet Sonic sofort seinen Urlaub, um eine Rettungsmission in die Wege zu leiten. Seine Reise beginnt in der bekannten "Green Hill Zone". Die Story ist sehr simpel gehalten und weist kaum ausgeklügelte Wendungen auf. Zu Beginn kommt die Geschichte nur sehr langsam in Fahrt; wirklich mitreißend wird es selten. Erst rund 20 Spielstunden und einen ziemlich vorhersehbaren Storytwist später kommt Spannung auf, doch dann ist "Sonic Chronicles" auch schon zu Ende mit einem freundlichen Vermerk auf die Fortsetzung in der nächsten Episode. Bis es soweit ist, wird den Rollenspielern unter Ihnen jedoch einiges geboten. Sie steuern den flinken Igel ausschließlich mit dem Stylus aus der Vogelperspektive; eine alternative Bedienung existiert nicht. Die insgesamt 20 recht großen Areale sind sehr abwechslungsreich: Mal lenken Sie Sonic durch eine Schneelandschaft oder ein Sumpfgebiet, ein anderes Mal flitzen Sie durch Wälder und Fabriken. Zur besseren Übersicht wird auf dem oberen Bildschirm stets eine Karte angezeigt, dennoch wird es das ein oder andere Mal passieren, dass Sie sich in den recht eng bebauten Gegenden durch die häufig etwas zu komplizierte Wegführung verlaufen. Bekannte Gesichter Selbst der schnellste Igel der Welt braucht Freunde, die ihn bei seiner Mission unterstützen. Im Verlauf der Handlung treffen Sie daher auf einige alte Bekannte, die Sie fortan begleiten werden. So schließen sich Amy Rose, Shadow the Hedgehog und Big the Cat, sowie acht weitere Figuren aus dem Sonic-Universum Ihrem Team an. Mitnehmen dürfen Sie jedoch immer nur drei Begleiter gleichzeitig; die Zusammenstellung können Sie an speziell dafür vorgesehenen Orten frei wählen und verändern. Dabei ist es von großer Bedeutung, für welche Kombination Sie sich entscheiden, da jeder Charakter andere Fähigkeiten besitzt, die Sie in den Umgebungen einsetzen können. So kann Amy beispielsweise mit ihrem Hammer Kisten zertrümmern, Tails kann über Abgründe fliegen und Big verfügt über die Fähigkeit, ohne Schaden zu nehmen durch tödliche Barrieren wie Giftgas oder Strom zu wandern. Doch nicht nur in der freien Natur unterscheiden sich die Talente der Helden, sondern auch im Kampf. Die Gegner sind jederzeit zu sehen; Zufallskämpfe gibt es also nicht. Wenn Sie einen Feind berühren, wechselt das Spiel von der zweiten in die dritte Dimension und der Kampf beginnt. Die Gefechte werden rundenbasiert ausgetragen. Zu Beginn jeder Runde legen Sie bis zu drei Aktionen für jeden Ihrer Kämpfer fest, die anschließend alternierend mit den Angriffen der Widersacher ausgeführt werden. Ärgerlicher Komfortmangel: Weisen Sie einer Figur aus Versehen das falsche Kommando zu, lässt es sich nicht einzeln korrigieren; Sie müssen Ihren gesamten Zug neu planen. Axtkick, Medibot und Chaosspeer Neben einem Standardangriff, Verteidigung und dem Einsatz von Gegenständen verfügt jeder Charakter über mehrere Spezialfähigkeiten. Die verbrauchen, ähnlich dem Mana aus anderen Rollenspielen, sogenannte Powerpunkte und richten entweder besonders hohen Schaden bei den Feinden an oder wirken heilend oder verstärkend auf Freunde. Diese Fähigkeiten müssen zunächst durch Levelaufstiege freigeschaltet und später auf gleichem Wege verbessert werden. Im späteren Verlauf erhalten Sie sogar Kombinationsangriffe, die der entsprechende Held mit mindestens einem weiteren Kumpan ausführt. Doch mit dem Erteilen der Kommandos zu Beginn jeder Kampfrunde ist Ihre Arbeit noch längst nicht getan. Bei jedem Einsatz einer der besonderen Kräfte müssen Sie mithilfe des Touchscreens eine kleine Geschicklichkeitsaufgabe lösen, wie zum Beispiel das Berühren einer bestimmten Fläche oder das Nachzeichnen einer Linie. Das erinnert ein wenig an die Action-Kommandos aus den "Paper Mario"-Spielen auf dem Nintendo 64 und dem GameCube, ist aber ungleich schwieriger: Die Zeit, in der Sie reagieren müssen, ist teilweise sehr knapp bemessen und viele Zauber und Attacken scheitern in ihrer Ausführung, wenn Sie auch nur den geringsten Fehler machen. So werfen Sie gerade zu Beginn Ihre Powerpunkte zum Fenster heraus, bis Sie das Timing perfekt einstudiert haben. Ähnliche Aktionen müssen Sie übrigens auch bei den Angriffen Ihrer Widersacher ausführen, um den Schaden zu verringern oder der Attacke gar zu widerstehen. Eine Flucht aus einem zwecklos erscheinenden Kampf gestaltet sich vergleichbar knifflig, da Sie auch hier ein Minispiel bestehen müssen, um den Feinden zu entkommen. Leider gibt es noch ein weiteres Manko im Kampfsystem: So stehen Ihnen zwar eine Vielzahl von Spezialfähigkeiten und Gegenständen zur Heilung oder Stärkung von Angriffs- und Verteidigungskraft zur Verfügung, aber Sie können die jeweiligen Auswirkungen und Effekte der Items während des Kampfes nicht einsehen. Wenn Sie sich also bei Erhalt der entsprechenden Hilfsmittel nicht die dazugehörigen Wirkungen merken, verkommt ihr Einsatz zum reinen Ratespiel. Dabei möchte man meinen, dass eine simple Lösung des Problems, nämlich die Verwendung des zweiten Bildschirms für solche Erläuterungen, doch vor allem beim DS so nahe liegend gewesen wäre. Chaos mit Chao In den Kämpfen bietet Ihnen "Sonic Chronicles" eine weitere Hilfestellung: Beim Durchstreifen der weitläufigen Gebiete können Sie Eier finden, die nach einiger Wartezeit einen Chao offenbaren. Sonic-Experten kennen die kleinen, tamagotchiähnlichen Wesen bereits aus diversen früheren Episoden. Jeder Kämpfer kann mit einem solchen Chao ausgerüstet werden und profitiert dadurch von dessen besonderer Kraft. Einige Chao erhöhen die Angriffstärke, während andere zu Beginn jeder Runde etwas Lebensenergie regenerieren. Wieder andere schützen Ihren Kämpfer vor Feuerattacken oder lassen ihn besser ausweichen. Einige Chao sind dabei seltener als andere, so dass Sie ausgiebig suchen müssen, bis Sie alle 40 Variationen gesammelt haben. Alternativ lassen sich die Chao auch über die drahtlose Datenübertragung des DS mit einem Freund tauschen. So können Sie problemlos doppelte Exemplare gegen neue Helfer austauschen. Leider ist das auch der einzige Weg, die Tierchen weiterzuentwickeln und ihre Kräfte zu verstärken Einzelspieler bleiben auf ihren "Level 1"-Begleitern sitzen. Freizeitbeschäftigung Wenn Sie mal nicht dem Storyverlauf folgen möchten, finden Sie in den Welten zahlreiche Charaktere, die Sie mit Nebenmissionen beauftragen. Das sind meist kleine Such-Quests oder Botengänge, die aber immerhin neben einigen Belohnungen auch ordentlich Erfahrungspunkte auf ihr Konto buchen. In den meisten Dialogen erhalten Sie zudem, typisch für Bioware, alternative Antwortmöglichkeiten, mit denen Sie das Gespräch fortführen können. Anders als zum Beispiel in "Mass Effect" oder "Knights of the Old Republic" beeinflusst das aber weder Ihre Gesinnung, noch den weiteren Verlauf der Geschichte. Zwischenzeitlich gilt es zudem, einige Denkaufgaben zu lösen; in den meisten Fällen handelt es sich um simple Schalterrätsel. Wer dennoch nicht hinter die Lösung der einen oder anderen Kopfnuss kommt, kann sich jederzeit Tipps erkaufen. Die Technik Optisch weiß "Sonic Chronicles" zu überzeugen. Der Comiclook, der vor allem im Intro und den immer wieder eingestreuten, aber meist extrem kurzen, Zwischensequenzen besonders zur Geltung kommt, sieht sehr hübsch aus und wird durch die 3D-Gefechte ergänzt. Leider haben sich die Entwickler beim Sound nicht ganz so viel Mühe gegeben: Die Musik dudelt und klimpert durchgehend aus den Lautsprechern des Handhelds; ein richtiger Ohrwurm befindet sich nicht darunter ganz im Gegenteil, einige Lieder sind wirklich nervtötend. Das Speichersystem ist dafür hervorragend, vor allem in Bezug auf ein Rollenspiel für ein mobiles System: Ein Sichern ist jederzeit möglich; beim nächsten Spielstart stehen Sie exakt an der Stelle, an der Sie zuvor pausiert haben.
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