Assassin's Creed (PS 3) (Ubisoft) geschrieben von Witali Blum
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Fans von Action-Abenteuerspielen können sich auf gute Neuigkeiten freuen, denn "Assassin's Creed" erreicht endlich die Ladentheken in Deutschland. Auf den ersten Blick scheint der Titel alle Stärken aus Spielen wie "Prince of Persia", "Splinter Cell" und "Dark Project" vereinen zu wollen. Wie gut dieses ehrgeizige Vorhaben in die Tat umgesetzt wurde, wird sich im folgenden Test zeigen. Schon die Tatsache allein, dass der Spieler als ein Mitglied der mysteriösen Bruderschaft der Assassinen agiert, verspricht eine spannende Geschichte. Eine Reise in die Vergangenheit Beim ersten Start von "Assassin's Creed" kommen den meisten Spielern vermutlich Zweifel, ob die Installation wirklich erfolgreich abgelaufen ist. Die zu steuernde Spielfigur des Meuchelmörders taucht nämlich in einer verschwommenen Umgebung auf, die von gesichtslosen Personen erfüllt ist. Doch keine Angst: was anfänglich wie ein Fehler in der "Matrix" erscheint, ist in Wirklichkeit ein Teil der Hintergrundgeschichte zu "Assassin's Creed", der in den zahlreichen Berichterstattungen vor dem offiziellen Erscheinungstermin bisher unerwähnt geblieben ist. Nachdem der Spieler ein Streitgespräch vernimmt, das offenbar im Kopf des Hauptcharakters stattfindet, bricht die diffuse Spielumgebung zusammen und die Spielfigur erwacht wie aus einem Albtraum auf einem High-Tech-Tisch in einem Labor. Im weiteren Verlauf erfährt man, dass der eigentliche Held des Abenteuers, Desmond Miles, entführt wurde, um ihm geheime Informationen über die Bruderschaft der Assassinen zu entlocken. Die Unbekannten interessieren sich vor allem für das Leben eines Meuchelmörders namens Altaïr, der im zwölften Jahrhundert sein Handwerk ausgeübt hat. Da der vor ungefähr 800 Jahren Verstorbene unmöglich persönlich befragt werden kann, versucht man, seine Erinnerungen mittels eines neuartigen Geräts, dem Animus, aus der DNS eines lebenden Verwandten zu rekonstruieren. Mister Miles wird unmissverständlich klargemacht, dass er als Nachkomme von Altaïr und als ehemaliges Mitglied der Bruderschaft zu kooperieren habe, falls er das Labor noch lebend verlassen wolle. Wohl oder übel muss Desmond sich in sein Schicksal fügen und die Abenteuer seines Urahns nacherleben. Auf welche Information haben es die Unbekannten abgesehen? Der Weg des Dolches Sobald Mister Miles sich in den Animus gelegt hat, obliegt es dem Spieler, in das vergangene Leben von Altaïr einzutauchen und es möglichst genau zu rekonstruieren. Dabei steht ihm am linken Bildschirmrand die so genannte "Synchronizitätsanzeige" zur Verfügung, die gleichzeitig auch den Lebensbalken des Meuchelmörders darstellt. Handlungen, die gegen das Kredo der Assassinen verstoßen oder körperliche Verletzungen verursachen, führen zu einer "verminderten Synchronizität", die schließlich sogar einen Neubeginn des Erinnerungsabschnitts erzwingt. Er entspricht dabei einem automatischen Speicherpunkt. Will man unnötige Wiederholungen vermeiden, muss man stets den drei Glaubenssätzen der Bruderschaft folgen: Man darf keine Unschuldigen töten, man muss stets heimlich vorgehen und man sollte die Gemeinschaft der Assassinen nie in Gefahr bringen. Schnell stellt sich heraus, dass Altaïr so sehr von seinen Fähigkeiten eingenommen ist, dass er die Grundregeln immer weniger befolgt. Kein Wunder, dass der erste Auftrag, den der Spieler nacherlebt, gewaltig schiefgeht. Hochmut kommt eben vor dem Fall. Nachdem Altaïrs Zielperson zusammen mit einem für die Bruderschaft wichtigen Schatz entkommen und dabei auch noch zwei Meuchelmörderkollegen ausschalten konnte, fällt Desmonds Urahne in Ungnade. Er verliert alle seine Privilegien und Waffen, wobei Letzteres besonders gravierend im Hinblick auf das künftige Geschehen ist. Allerdings erhält der Held eine Chance, sich zu rehabilitieren, indem er Aufträge gemäß dem Kredo der Assassinen erfüllt. Letztlich muss er Attentate auf gefährliche, einflussreiche Personen sorgfältig vorbereiten und ausführen, um nach langen Kriegsjahren Frieden in sein Heimatland einkehren zu lassen. Die Läuterung Es liegt auf der Hand, dass Altaïr seiner Kunst in aller Heimlichkeit nachgehen muss, da er sonst sehr schnell von den allgegenwärtigen Wachen, Soldaten, Bogenschützen und Templern zu seinem Schöpfer geschickt wird. Eine Hilfestellung leistet dabei die "Sichtbarkeitsanzeige", die sich neben dem "Synchronizitätsbalken" befindet. Ähnlich wie in "Splinter Cell" erkennt der Spieler an ihrer Farbe, wie scharf das immer wachsame Auge des Gesetzes auf ihn achtet. Ist das Symbol "weiß", so kann Altaïr sich gefahrlos umherbewegen. "Gelb" bedeutet, dass man auf den Assassinen aufmerksam geworden ist. Bei "Rot" sollte er jedoch schleunigst die Flucht ergreifen. Das Schleichen ist in "Assassin's Creed" vor allem zu Beginn überlebenswichtig, da der in Ungnade gefallene Held nur ein lumpiges Kurzschwert zur Verfügung hat, um sich zur Wehr zu setzen. So ist es in vielen Fällen klüger, sich einen Fluchtweg freizukämpfen, bei Abwesenheit von Beobachtern in einem Versteck unterzutauchen und zu warten, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Später verfügt Altaïr nicht nur über ein Langschwert, einen Kurzdolch sowie ein Wurfmesser, sondern erlernt auch tödliche Kombinationsangriffe, die es ihm ermöglichen, seine Verfolger auf direktem Wege zum Schweigen zu bringen. Die Mission der Bruderschaft Jedes Attentat benötigt eine sorgfältige Vorbereitung, die sowohl vom Spieler als auch durch die Handlung vorangetrieben wird. So muss man Informationen beschaffen, indem man Personen auf einer Parkbank belauscht, unwilligen Informanten mit Fäusten die Zunge löst oder Dokumente aus ihren Taschen entwendet. In einigen Extremfällen sind weitere Zielpersonen auszuschalten oder sogar innerhalb einer bestimmten Zeit Flaggen einzusammeln. Außerdem ist es wichtig, das gesamte Gebiet gründlich auszukundschaften. Besonderen Spaß macht vor allem die Erkundung des Einflussbereichs, in dem man die Zielperson ausschalten soll. Als geübter Kletterer kann Altaïr nahezu jedes Hausdach, jede Wand und jede Turmspitze erklimmen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Auf Knopfdruck beginnt dann an geeigneter Stelle eine 360-Grad-Kamerafahrt, wobei automatisch alle wichtigen Orientierungspunkte auf der Karte am rechten Bildschirmrand vermerkt werden. So lassen sich Verstecke wie Dachgärten, Parkbänke oder Heukarren entdecken, die später die Flucht erleichtern. Man sollte jedoch darauf achten, bei den Kletterpartien unbeobachtet zu sein, um nicht als verdächtige Person aufzufallen. Zusätzlich kann man die Erfolgswahrscheinlichkeit der Mission erhöhen, indem man Bürgern, die von Soldaten bedrängt werden, hilft. Sie zeigen nämlich ihre Dankbarkeit dadurch, dass sie bei der Flucht nach einem Attentat Verfolger aufhalten und mit Steinen bewerfen. Außerdem erhöhen gute Taten nicht nur das Ansehen der Assassinen in der Bevölkerung, sondern auch die "Synchronizitätsanzeige", so dass Altaïr mehr Hiebe einstecken kann. Rüpelhaftes Verhalten dagegen hat genau den gegenteiligen Effekt. Meuchelmörder mit schlechtem Ruf werden auch von der Menschenmenge an der Flucht gehindert. Sobald man genug Anhaltspunkte gesammelt hat, bekommt man schließlich den Auftrag, eine bestimmte Person auszuschalten. Da diese sich oft mit Leibwächtern in einer Festung verschanzt hat, ist das kreative Denken des Spielers gefragt, um die Mission zu erfüllen. In der riesigen Spielumgebung führen viele Wege zum Ziel, wobei die Vorarbeit meistens darüber entscheidet, wie schwierig das Attentat ausfallen wird. Zu keinem Zeitpunkt darf man vergessen, dass zu einer erfolgreichen Mission auch die Flucht gehört. Land und Leute Die gesamte Spielwelt von "Assassin's Creed" besteht hauptsächlich aus den drei Städten Akkon, Damaskus und Jerusalem sowie dem Bereich dazwischen, der entweder zu Fuß oder zu Pferd zu überwinden ist. Trotz aller Turnfreiheit kann man nicht alle Stadtgebiete gleich zu Beginn besuchen, so dass man sich keine Sorgen machen muss, irgendwann mit der anfänglichen Kampfausrüstung vor einem Haufen wütender Templer zu stehen. Dank der gut geführten Karte läuft man nie Gefahr, sich in der riesigen Spielumgebung zu verirren. Besonders benutzerfreundlich ist die Tatsache, dass man zuvor bereits besuchte Gebiete mit einer Art "Teleport" erreichen kann. Die gut gelungene Steuerung wird nicht nur durch eine übersichtliche Einführung zu Spielbeginn, sondern auch zu jedem Spielzeitpunkt durch ein eingeblendetes Hilfsfenster beschrieben, so dass auch Anfänger keine Probleme damit haben sollten, mit der Belegung der Spieltasten zurechtzukommen. Dabei hilft meistens die Vorstellung, dass die vier Aktionstasten des Playstation-3-Kontrollers dem jeweiligen Bereich von Altaïrs Körper entsprechen; also: das Dreieck für den Kopf, das Quadrat für die linke Hand, der Kreis für die rechte Hand und das X für die Füße. Kämpfen, Klettern, Werfen, Springen und Turnen wird so zu einem Kinderspiel. Ein glänzendes Juwel Ein sehr großes Lob verdient "Assassin's Creed" für die detaillierte Darstellung der Spielwelt. Die Städte des zwölften Jahrhunderts sind wahrheitsgetreu modelliert und die darin wohnenden Bürger gehen glaubwürdig ihrem Tagwerk nach. Die optischen Möglichkeiten der Playstation 3 werden durch die tolle Weitsicht sowie hervorragende Umsetzung von Lichteffekten bestens ausgenutzt. Wenn man nicht wüsste, dass "Assassin's Creed" ein Spiel ist, würde man zumindest vermuten, dass es sich dabei um einen sehr gut animierten Film handelt, den man sogar mit "Final Fantasy" vergleichen könnte. Die Bewegungs- und Kampfanimationen Altaïrs und seiner Kontrahenten wirken so gut abgestimmt, als wären sie mit Motion-Capturing erstellt worden. Besonders auffällig ist außerdem die Tatsache, dass die künstliche Intelligenz der Gegner nicht nur dazu ausreicht, um den Meuchelmörder zu verfolgen, sondern ihn auch am Erklimmen von Leitern und weiteren Erhebungen durch gezielte Steinwürfe oder auch Bogenschüsse zu hindern. So wird jeder Kampf zu einem positiven visuellen Erlebnis, das man nur aus besonders gut gelungenen Abenteuerfilmen kennt. Die Musik Die deutsche Sprachausgabe ist in "Assassin's Creed" absolut tadellos. Sowohl Stimmen als auch Mimik und Gestik passen zu den vorgestellten Charakteren. Die stimmungsvolle Hintergrundmusik schafft je nach Situation eine passende Atmosphäre. Alle Geräusche wie Waffenklänge oder Schmerzensschreie wirken glaubwürdig, so dass das Spielen mit Kopfhörern oder einer geeigneten Surroundanlage zu einem Genuss wird. Besitzer normaler Stereolautsprecher werden allerdings auch nicht enttäuscht sein. Fazit Mit "Assassin's Creed" hat "Ubisoft Montreal" einen Titel auf den Weg gebracht, der es wert ist, eine Fortsetzung zu erhalten. Die spannende Story ist auf Grund der Verwicklung der Gegenwart mit der Vergangenheit so gut gelungen, dass man mit Recht versucht ist, nachzufragen, ob Romane erhältlich sind, die die Geschichte von Desmond Miles beziehungsweise seinem Vorfahren Altaïr weitererzählen. Dank der hervorragenden Ausnutzung der technischen Möglichkeiten der Playstation 3 ist "Assassin's Creed" ein Titel, der sowohl optisch eine Augenweide als auch spielerisch einen Spaßknaller darstellt. (14.12.2007) |