X Rebirth (PC)

Das vierte Quartal des Jahres 2013 bleibt der Gaming-Fangemeinde vor allem durch die hohe Anzahl an Serienfortsetzungen bekannter Spiele in Erinnerung. Neben namhaften Titeln wie "Call of Duty: Ghosts" oder "Assassin's Creed 4: Black Flag" erscheint ein Werk aus dem Hause Egosoft, das die Herzen der Weltraum-Sci-Fi-Simulation-Veteranen höher schlagen lässt. Die Rede ist von "X Rebirth" – einem Spiel, das einerseits auf dem riesigen Universum der "X"-Reihe basiert, sich aber andererseits mit einer symbolischen Wiedergeburt von den Vorgängern abgrenzen und neu erfinden möchte. Lesen Sie im folgenden Test, ob die Entwickler dieses gewagte Vorhaben erfolgreich in die Tat umsetzen konnten oder eine "Fehlgeburt" das Ergebnis aller Bemühungen gewesen ist.

 

Am Rande des Universums

"X Rebirth" kommt - schon fast traditionsgemäß bei dieser Serie - als eine Frühgeburt auf die Welt. Die ersten Versuche, das Spiel beim Erscheinungstermin zu starten, werden von Programmabstürzen begleitet, die laut dem Support-Forum von Egosoft entweder auf eine 32bit-basierte Windowsinstallation oder viel zu fortschrittliche Hardware zurückzuführen sind. Da die breite Masse von diesem Fehler betroffen zu sein scheint, geloben die Entwickler, schnell Abhilfe zu schaffen  und reichen binnen weniger Tage Updates nach. Es dauert nicht lange, bis die treu gebliebene Fangemeinde von neuen Problemen berichtet, die beispielsweise ein Vorankommen in der Hintergrundgeschichte unmöglich machen. Der veröffentlichte Patch-Arbeitsplan für "X Rebirth" lässt die Vermutung zu, dass der Titel in einem unfertigen Zustand veröffentlicht worden ist und das "Frühchen" nun beim Benutzer zu Hause aufgepäppelt wird.

Man fragt sich zu Recht, warum die große Welle der Empörung – wie etwa bei dem Fehlstart von "Sword of the Stars 2: Lords of Winter" (Kerberos Productions) – ausbleibt. Die Entwickler von Egosoft begründen dies mit der "engen Zusammenarbeit mit der Community", die es ermöglicht, dass Inhalte sowie Features durch äußeren Input weiterentwickelt und erweitert werden. Tatsächlich blickt die X-Serie auf viele nachträgliche Korrekturen sowie Optimierungsprozesse zurück, die die Fangemeinde leidensfähig aber auch hoffnungsvoll gemacht haben. Nicht zuletzt hat die offene Modding-Politik der Entwickler dafür gesorgt, dass viele Fehler ohne ihr Zutun ausgemerzt worden sind und viele kolossale Raumschiffe aus anderen Sci-Fi-Universen ihren Weg in diese Weltraumsimulation gefunden haben. Man kann folglich gespannt sein, welche inoffiziellen, kostenlosen Inhalte "X Rebirth" demnächst bereichern werden.

 

Unendliche Weiten

Die Hintergrundgeschichte zu "X Rebirth" beginnt in medias res, indem der Spieler sofort ohne zusätzliche Erläuterungen in die Rolle des Raumschiffkapitäns Ren Otani versetzt wird. Der Protagonist hat durch lange, intensive Nachforschungen ein legendäres, verschollenes Raumschiff gefunden, das im bisherigen X-Konflikt eine tragende Rolle gespielt hatte – die "Stolz von Albion". Der anonyme Vorbesitzer hat das Schiff in einem Weltraumschrottfeld hinterlassen, nicht ohne sich den Spaß zu erlauben, die Kennzeichensignatur auf den weniger ruhmvollen Namen "Albion Skunk" umzuschreiben. Gerade als der Held dabei ist, die Funktionstüchtigkeit des Gefährts zu überprüfen, bekommt er unerwarteten Besuch von einer Dame in Not. Die Weltraumfahrerin Yisha scheint Schwierigkeiten mit den Behörden zu haben und bittet um eine Mitfahrgelegenheit. Leider bietet das Spiel nicht die Möglichkeit, die Dame hochkant durch die Luftschleuse hinaus zu befördern, denn die Anhalterin macht mehr Ärger, als sie wert ist. Sie setzt sich gleich in den Co-Pilotensitz und fängt an, mit den Systemen des Schiffs rumzuspielen. Etwas mehr Zurückhaltung wäre wünschenswert, wenn man Gast auf einem fremden Gefährt ist.

Im weiteren Spielverlauf hilft Yisha dem Kapitän das volle Potenzial der "Albion Skunk" freizuschalten und ebenso ihre Bewaffnung zu vervollständigen. Neben verschiedenen Energiewaffen wie Lasern, Plasmakanonen sowie Raketen unterschiedlichen Typs sind es vor allem Drohnen, die das Arsenal des Spielers komplettieren. Die unbemannten Apparate können automatisch wie auch ferngesteuert Aufgaben erfüllen, ohne dass der Spieler physisch in der Nähe sein muss. Natürlich macht es immer noch am meisten Spaß, selbst durch den Weltraum zu düsen. Das futuristische Schiff des Protagonisten kann sich komplett frei im dreidimensionalen Raum bewegen und besitzt sogar einen Turboschub, der allerdings an den Schutzschildenergiereserven zehrt. Alternativ dazu gibt es sogenannte Weltraumhighways – Energiepfade, auf denen Objekte besonders stark in eine bestimmte Richtung beschleunigt werden. Je mächtiger das Triebwerk eines Fahrzeugs, desto schneller bewegt man sich auf der Autobahn im X-Universum. Jedoch gibt es eine praktische Ausnahme, denn alle Raumschiffe auf dem Highway erzeugen hinter sich einen Sog, den andere Flieger nutzen können, um mit der Geschwindigkeit des Vordermanns reisen zu können. Auf diese Weise kann der Spieler riesige Entfernungen binnen wenigen Minutenbruchteilen überbrücken. Nur Sprungtore, die sich des Phänomens eines Wurmlochs bedienen, erlauben es, noch größere Raumabstände zu überwinden und besitzen den großen Nachteil, dass man nie weiß, was einen auf der anderen Seite erwartet.

Ren Otani wird seine Ausrüstung gut gebrauchen können, denn Yisha verwickelt den ahnungslosen Raumfahrer in einen Konflikt, der ihn zum Staatsfeind Nummer Eins werden lässt. Bis zu diesem Zeitpunkt bietet es sich also an, die Grundlagen des Spiels wie etwa Handel, bezahlte Nebenmissionen und Bergbau in dem freien Universum, das nach dem Sandkastenprinzip funktioniert, auszuprobieren. Im Laufe des Abenteuers erhält der Protagonist Zugang zu neuen Schauplätzen, lernt viele Fraktionen kennen und findet vor allem fortschrittliche Ausrüstung, die ihn bei der herausfordernden Aufgabe unterstützt, den Frieden im X-Universum wieder herzustellen. Es gibt jedoch auch einige Elemente, die X-Veteranen schmerzlich vermissen werden, zum Beispiel die Möglichkeit, jedes Gefährt selbst zu fliegen. "X-Rebirth" beschränkt den Spieler auf die "Albion Skunk", während zugekaufte Raumer mit einer angeheuerten Besatzung bemannt und danach durch Funkbefehle gesteuert werden. Dieses Feature des Spiels funktioniert eher schlecht als recht. Dies führt aktuell dazu, dass manchmal die Hintergrundgeschichte nicht fortgesetzt werden kann, weil beispielsweise ein Transporter es nicht schafft, missionsrelevante Waren am Zielort abzuliefern.

Neben Handel oder Bergbau dominieren vor allem Weltraumgefechte in "X-Rebirth" das Geschehen – besonders, wenn man den Weg der Piraterie einschlägt. Zuerst muss man den Begleitschutz in Stücke schießen, danach helfen speziell ausgebildete Marines dem Spieler, Transporter mit Beute zu übernehmen, wobei natürlich der Ruf des Protagonisten bei den Besitzern der gekaperten Fluggeräte schlechter wird. Man sollte es sich allerdings nicht mit allen Fraktionen verscherzen, denn derzeit gibt es keine realisierbare Möglichkeit – Cheats ausgenommen –, das Ansehen bei den geschädigten Parteien wiederherzustellen. Außerdem bedeutet die Tatsache, dass man andere Völker ausraubt, noch lange nicht, dass auch die Piraten den Spieler in ihrer Mitte akzeptieren. Sie verhalten sich nach wie vor aggressiv und lassen keine sinnvollen Verhandlungen zu. Es wäre wünschenswert, dass die Entwickler eine Art Ombudsmann in diesen Titel eingebaut hätten, der gegen Zahlung einer Strafe den Ruf des Protagonisten reinwaschen würde. So müssen sich die Spieler - wie bei den Vorgängern - mithilfe von Skripten durchschummeln.

Im Gegensatz zu anderen namhaften Weltraumsimulationen wohnen die NPCs im X-Universum nicht auf Planeten, sondern in riesigen Raumstationen. Der aktuelle Titel erlaubt nun, dass der Spieler nach dem Andocken an einer Schleuse selbst die großen Habitate erkundet. Die anfängliche Begeisterung, auf Entdeckungstour gehen zu können, wird jedoch stark durch die Eintönigkeit des Interieurs sowie die lieblose Gestaltung der Bewohner getrübt. Darüber hinaus wird es schnell lästig, alle Händler persönlich ansprechen zu müssen, um ihre Rabatte zu erfahren. Wenn man schon begehbare Raumstationen einführt, sollte die Arbeit vollständig zu Ende geführt werden, sonst wirkt es, als ob die Entwickler mittendrin die Lust an dieser Idee verloren hätten. Allerdings sind die Habitate gute, dauerhafte Einnahmequellen, die der Spieler bauen lassen kann, um sich keine Sorgen mehr um seine Finanzen machen zu müssen. Die befreundeten oder neutralen Fraktionen nehmen automatisch Handelskontakt mit dem neuen Bauwerk auf, wenn es Waren zu einem vernünftigen Preis anbietet.

 

Wahnsinnige Geschwindigkeit

Die Steuerung von "X-Rebirth" vermittelt den Eindruck, sie sei ursprünglich für die Konsole Xbox 360 entwickelt worden. Anders kann man sich nicht erklären, dass das Spiel nur mit dem entsprechenden Gamepad sinnvoll zu steuern ist. Mit Maus und Tastatur durch das Weltall zu navigieren wird vor allem in Kämpfen schnell anstrengend. Dafür sind die Gesprächs- sowie Befehlsmenüs mit den Schnelltasten besser zugänglich als mit dem entsprechenden Analogstick des Pads. Nur der Joystick, dessen Konfiguration in den vorhergehenden Titeln durch X-Veteranen schon fast perfektioniert worden war, bleibt in "Rebirth" außen vor, denn die entsprechenden Optionen lassen sich nicht so umstellen, dass die "Albion Skunk" mithilfe dieses altbewährten Steuergeräts durch das Weltall düsen kann. Schade!

 

Supernova

Das grafische Gewand des aktuellen X-Ablegers ist - abgesehen vom Interieur der Raumstationen - sehr gut gelungen. Die Systeme erstrahlen in zahlreichen Lichteffekten, Asteroiden werfen detaillierte Schatten auf vorbeifliegende Raumschiffe und die Größenverhältnisse zwischen den Objekten wirken extrem glaubwürdig. Leider haben sich die Entwickler bei den NPCs weniger Mühe gegeben, denn abgesehen davon, dass alle Charaktere generisch gleich aussehen, gibt es viel zu wenig Aliens zu sehen. Dabei rühmt sich das X-Universum, zahlreiche, verschiedene Lebensformen zu beherbergen. Warum sieht man dann so wenige davon?

Die Geräuschkulisse des Spiels ist mannigfaltig, jedoch physikalisch unglaubwürdig. Natürlich machen Explosionen viel mehr Eindruck, wenn sie durch entsprechende Soundeffekte begleitet werden, doch welches Medium soll die Schallwellen im Vakuum des Alls übertragen? Nichtsdestotrotz macht es Spaß, die Gegner im Feuer von Laserkanonen verglühen zu lassen. Besonders gelungen ist der Soundtrack des Titels, der sogar unabhängig vom Spiel gehört werden kann. Darüber hinaus sind die Hauptfiguren der Hintergrundgeschichte durch gute Synchronsprecher vertont worden, die Nebencharaktere müssen sich jedoch auf Textblasen beschränken.

Hier der offizielle Launch-Trailer zum Spiel:


Fazit

"X Rebirth" ist eindeutig viel zu früh auf die Welt gekommen, denn das Spiel wirkt in seiner Gesamtheit unfertig. Neben einigen schönen Elementen – wie etwa den riesigen Raumstationen oder schnittigen Raumschiffen – gibt es viel zu viele Design- und Programmfehler, an denen die Entwickler noch lange arbeiten müssen. Nicht zuletzt weist die Konsolensteuerung darauf hin, dass Egosoft mit diesem Titel ursprünglich andere Pläne hatte und nun in einer Hauruck Aktion umgesattelt hat. Ich persönlich würde mich ärgern, wenn ich das Spiel in diesem Zustand gekauft hätte, zumal der Vertriebspartner Steam von Valve keine Rückerstattung bei Nichtgefallen zulässt, und empfehle daher allen Interessenten ungefähr ein Jahr abzuwarten, ehe sie sich "X Rebirth" holen. (Witali Blum)


Kommentare:
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2016-03-10 21:24:59... -

Sehr gutes Fazit. Leider war ich einer der es gleich nach erscheinen gekauft hat. Ich empfehle auch jetzt noch das Spiel nicht zu kaufen. Es ist einfach nur Müll...


2014-02-14 09:13:53... - john

I remember X series, it was fantastic.


X Rebirth

X Rebirth - Screenshots zum DLH.Net Review
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