„The Vanishing of Ethan Carter“ ist das erste Spiel vom Indiestudio The Astronauts, das im August 2012 gegründet wurde. Die Gründer sind ehemalige People-Can-Fly-Mitarbeiter, die bereits an den Spielen „Painkiller“, „Bulletstorm“ und „Gears of War: Judgment“ gewerkelt haben.
Wo ist Ethan Carter?
In „The Vanishing of Ethan Carter“ schlüpft der Spieler in die Rolle von Paul Prospero, einem Detektiv mit übersinnlichen Fähigkeiten. Nachdem er einen verstörenden Brief eines kleinen Jungen erhält, begibt er sich nach Red Creek Valley, um dort das Verschwinden von Ethan Carter aufzuklären. Bereits nach kurzer Ermittlungszeit steht fest, dass in dieser wunderschönen Herbstlandschaft nicht alles wunderschön ist. Blutige Geschehnisse haben sich abgespielt, die im Laufe der Story nach und nach aufgedeckt werden und letztendlich ein Ganzes ergeben. Immer wieder müsst ihr die Geister der Vergangenheit beschwören, um zu erfahren, was mit Ethan und seiner Familie passiert ist. Dabei könnt ihr die Abfolge, wie ihr die Story meistert, frei wählen. Allerdings werdet ihr zum Ende gezwungen sein, alle verpassten Aufgaben nachzuholen. Mehr wird jetzt aber nicht mehr zur etwa dreistündigen Story verraten, denn dieser Test soll schließlich spoilerfrei bleiben.
Wer als hyperaktiver Abzugsdrücker bei „The Vanishing of Ethan Carter“ ein actionreiches Adventure-Spiel erwartet, wird bereits nach den ersten Spielminuten „Laaaaangweilig!“ brüllen. Es gibt im gesamten Spiel keinen Kampf, keine Explosionen und nur wenige Schockmomente. Auch die Rätsel halten sich in Grenzen und verlangen wenig Anspruch, um gelöst zu werden. Das ist wohl auch der Grund, wieso es keine Hilfefunktion oder Ähnliches gibt, denn es ist einfach nicht nötig. Eigentlich müssen ja nur ein paar Hinweise angeklickt, wenige Objekte gesammelt und letztendlich die Geschehnisse mit Prosperos Gabe rekonstruiert werden. Dies kann für jeden Schauplatz ein wenig abgewandelt sein, beinhaltet trotzdem irgendwie immer die gleiche Vorgehensweise. Besonders viel gibt es hier also nicht zu tun, aber das war auch nicht die Idee hinter dem Spiel, wie die Entwickler selbst zugeben. Der Fokus liegt auf Atmosphäre, Stimmung und die Menschlichkeit der Charaktere.
Wie von Gott geschaffen
Unter dem Aspekt, den die Entwickler dem Spiel zusprechen, macht das Spiel alles richtig. Es lebt durch die dichte und immersive Atmosphäre, die begeistern kann, wie es in letzter Zeit wohl selten ein Spiel geschafft hat.
Ein Grund, wieso das Spiel so unglaublich realistisch aussieht, ist das Nutzen der Photogrammetrie. Dieses Feature ist schnell erklärt: Die Entwickler haben haufenweise Fotos in der Realität aufgenommen und diese dann später mithilfe eines Programmes in 3D-Modelle umgewandelt, um sie im Spiel zu verwenden. Herausgekommen sind detailreiche und eindrucksvolle Umgebungen, die schon in den ersten Minuten zum Staunen einladen. Wenn man durch den Wald läuft, begeistert die Grafik bei jedem Schritt. Es schimmert Licht durch die dichte Waldlandschaft, und die Steine und Gebäude sehen realistisch aus, wie man es selten erlebt hat. Immer wieder gibt es Momente, wo man staunend stehen bleibt und am liebsten den Fotoapparat zücken möchte oder als PC-Spieler die Screenshot-Taste betätigt.
Doch wer genau hinschaut, findet hier noch kleine Kritikpunkte. Der Himmel sieht zwar auch so schon recht realistisch aus, doch bewegen sich die Wolken nicht. Zudem tauchen bestimmte Objekte wie Bilder und Buchstapel mehrfach auf, ohne sich zu verändern. Ein bisschen mehr Leben im Wald durch Tiere oder Ähnliches wäre ebenfalls wünschenswert gewesen und hätte das Ganze noch mehr zum Leben erweckt. Doch das ist bei der stimmigen Grafik eigentlich schon Luxusmeckern.
Von knackenden Zweigen und ächzenden Bodendielen
Wo wir gerade beim Schwärmen sind, muss unbedingt auch das Sounddesign genannt werden. Vor allem beim Spielen mit Headset kommt dieses hervorragend zur Geltung. Während man durch die Umgebung streift, gibt es diverse Waldgeräusche mit knarrenden Ästen, davonfliegenden Vögeln und heulenden Füchsen. Wenn man nun richtig abtaucht, kann jedes ungewohnte Geräusch dazu führen, dass man erst einmal innehält und in die Umgebung lauscht. In den Gebäuden geht es ähnlich zu, denn hier begeistern knarrende Dielen, die bei jedem Schritt auf dem Holzboden ächzen. Auch die Hintergrundmelodien, die an mehreren Stellen zu hören sind, lassen den Spieler komplett ins Spiel abtauchen und runden das bereits tolle Erlebnis wunderbar ab. Dazu noch die engagierten und tollen englischsprachigen Synchronsprecher und das Sounddesign ist fast perfekt. Aber halt nur fast, denn es gibt auch hier kleinere Makel, beispielsweise brechen ortsgebundene Sounds zu abrupt ab. Doch das Sound-Gesamtpaket kann ebenfalls überzeugen.
Offizieller Trailer