Totgeglaubte leben länger: „MX vs. ATV“ kehrt nach der Insolvenz des ehemaligen Publishers THQ und der damit verbundenen Einstellung der Serie zurück. Nordic Games erwarb nicht nur Lizenz- und Markenrechte, sondern konnte auch einen Großteil des ursprünglichen Entwicklerteams wiedervereinen. Beste Voraussetzungen also für eine erfolgreiche Wiederbelebung, doch das Ergebnis ist nur ein Schatten vergangener Tage.
Der Tank ist leer
Große Ernüchterung macht sich bereits im Hauptmenü breit, denn Einzelspieler haben lediglich die Auswahl zwischen Einzelrennen und dem lieblos zusammengestellten Karrieremodus. Letzterer beinhaltet eine überschaubare Aneinanderreihung von Meisterschaftsrennen auf insgesamt 17 Strecken. Wie es der Name bereits erahnen lässt, wird in „MX vs. ATV: Supercross“ lediglich eben diese SX-Klasse aufgefahren. Im Klartext heißt das: Alle Rennen finden in Hallen oder Stadien statt, zudem fehlt es an spannenden Herausforderungen wie Stunt-Arenen oder Trickwettbewerben. Außer den Bikes und Quads, die im Gegensatz zu den 40 Fahrern und diversen Equipments ohne Originallizenzen auskommen, sucht man andere Vehikel vergeblich. Insgesamt bietet das Rennspiel daher nur wenig Umfang und Abwechslung an, die Langzeitmotiviation bleibt folgerichtig auf der Strecke.
Geteiltes Leid
Für Partien im Mehrspielermodus gibt es zwei Varianten. Über die Online-Funktion können bis zu zwölf Spieler gleichzeitig Rennen absolvieren. Die Server waren zum Testzeitpunkt leider mit einer überschaubaren Spielerzahl gefüllt, um nicht zu sagen gähnend leer. Daher sind die Aussichten auf ein langlebiges Online-Vergnügen bereits zum jetzigen Zeitpunkt zweifelhaft. Alternativ ermöglicht der Splitscreen-Modus Duelle am geteilten Bildschirm für zwei Fahrer, wobei dann tatsächlich kurzzeitig so etwas wie Spielspaß aufkeimt. Das Motoclub Depot kündigt kostenpflichtige Zusatzinhalte an.
Hinterherfahren
Auch spielerisch sind spürbare Rückschritte zu verzeichnen. Auf den teilweise anspruchsvollen Pisten sprüht durchaus ein kleiner Funke namens Offroad-Feeling auf. Maschine samt Fahrer müssen durch Gewichtsverlagerungen beherrscht werden, darüber hinaus ist der richtige Rhythmus das A und O, um Sprünge, Drifts und Tricks zu vollführen. Doch genau da fallen bereits viele Unzulänglichkeiten auf und machen dem Vergnügen schnell einen Strich durch die Rechnung. So geizt das Spiel mit hilfreichen Tutorials oder Erklärungen, lediglich die Steuerungsübersicht im Hauptmenü deutet auf den so genannten Stunt-Modifikator hin. Waghalsige Aktionen gelingen aus dem Zufall heraus, beispielsweise wird ein geglückter Wheelie als Texteinblendung mitgeteilt. Punkte oder Wertungen werden dafür jedoch nicht vergeben.
Zwar können Maschine und Fahrer visuell angepasst werden, hierbei jedoch von Tuning zu sprechen, würde den simplen Basteleien nicht gerecht werden. Am schwersten wiegt sicherlich die vergleichsweise unpräzise Steuerung, denn das angenehme Gefühl von Kontrolle kennt „MX vs. ATV: Supercross“ nicht. Selbst die Abfangmechanik, die es Spielern der Vorgänger ermöglichte, durch eine geschickte Gegenreaktion schon sicher geglaubte Stürze abzufangen, wurde gestrichen. Hinzu kommt die immer wieder fragwürdige Kollisionsabfrage bei unsanften Begegnungen mit der Streckenumgebung oder Kontrahenten, die sich auf allen vier Schwierigkeitsstufen stellenweise mit ihrer aggressiven Fahrweise heftige Aussetzer leisten oder plötzlich einen unerklärlichen Geschwindigkeitsüberschuss erhalten.
Dreck, so weit das Auge reicht
Grafisch wirkt das Gesamtbild unspektakulär und eintönig, weil sich das Spiel ausschließlich auf optisch beliebige Indoor-Arenen als Schauplätze fokussiert. Immerhin gibt es Oberflächenverformung in Echtzeit, was man jedoch bereits vor vielen Jahren bei Rennspielen wie „MotorStorm“ oder im aktuellen Jahrgang bei „MX GP“ deutlich beeindruckender und spektakulärer erleben durfte. Zumindest läuft die Darstellung über weite Strecken flüssig ab. Unschönes Kantenflimmern und abgehackt wirkende Animationen fallen unschön ins Auge.
Trauerstimmung beim Spektakel
Der laute Soundtrack dürfte insbesondere Rock- und Metal-Fans aufhorchen lassen. Zur Setlist gehört unter anderem die bekannte Berliner Band „Beatsteaks“. Dominiert wird die Musik vor allen Dingen von treibenden, instrumentalen Stücken. Leider ist keine eigene Musik abspielbar. Dazu gesellen sich solide, röhrende Motorensounds. Doch gespitzte Ohren dürfen misstrauisch sein, denn schon nach wenigen Augenblicken fällt ein großes Manko auf: die desaströse Geräuschkulisse. Das trostlose Ausmaß dieser misslungenen Vertonung, die doch für Stimmung während des Renngeschehens sorgen soll, wird klar, sobald im Optionsmenü sowohl Motoren als auch Musik im Vergleich zu den Geräuscheffekten heruntergeregelt werden. Plötzlich wird alles von einer unangenehmen Stille umhüllt, die dem beliebten Spektakel einfach nicht gerecht wird.