Mit „DeadCore“, ursprünglich unter dem Titel „Deadlock“ als Indie-Projekt entwickelt, wird von 5-Bits Games in Zusammenarbeit mit Publisher Bandai Namco ein Geschicklichkeitsmix aus Jump & Run und Ego-Shooter bei Steam veröffentlicht, der aufgrund seines ungewöhnlichen Artdesigns im Vorfeld schon für ein hohes Maß an Neugierde innerhalb der Spielergemeinschaft gesorgt hat. Ob der futuristische Plattformer überzeugen kann, klärt unser Testbericht.
Über den Wolken
Als namenloser Protagonist wachen wir aus der Ego-Perspektive in einer apokalyptischen Cyberwelt auf, die mit ihren futuristischen Designelementen an den Film „Tron“ erinnert. So erblicken wir schwarze quadratische Plattformreihen mit hellblauen Lichtstreifen, die uns im freien Raum schwebend als Treppe dienen. Die Identität unseres Charakters sowie die Lage unseres Standortes werden nicht erklärt. Stattdessen geht es gleich zur Sache: Nachdem wir in einem kleinen Tutorial ein Gefühl für unsere Sprungfähigkeiten bekommen haben, stoßen wir eine Ebene höher bereits auf unsere einzige Waffe im Spiel, die sogenannte „SwitchGun“. Diese ist, ähnlich wie die Portal-Gun in Valves „Portal“, eher als Werkzeug denn als Waffe angelegt und wirkt auf all jene Elemente ein, die für unser weiteres Vorgehen notwendig sind, etwa Schalter, Türen und Sprungplattformen.
Unsere erste Handlung mit der SwitchGun besteht darin, mit einem gezielten Schuss ein riesiges Portal zu öffnen. Nachdem wir das Portal passiert haben, erkennen wir, dass wir inmitten eines gigantischen Wirbelsturms stehen, in dessen Zentrum zahllose kubusförmige Objekte um einen majestätisch anmutenden Turm kreisen, der kilometerlang in den Himmel ragt. Was hat es mit diesem mysteriösen Bauwerk auf sich? Wir ahnen, dass wir das Geheimnis möglicherweise erst erfahren werden, wenn wir es bis an die Spitze des Turms geschafft haben. Der Aufstieg – das Hauptziel des Spiels – ist in fünf Abschnitte unterteilt, die uns im Verlauf einiges abverlangen werden. Dafür springen wir von einer schwebenden Plattform zur nächsten, immer höher hinauf. Geht unserer Parkour zu Beginn noch relativ leicht über die Bühne, zieht der Schwierigkeitsgrad ab dem zweiten Level bereits spürbar an und lässt uns teilweise in aberwitzigem Tempo mit der SwitchGun mehrere Aktionen gleichzeitig kombinieren.
Während wir uns in den gängigen Genrevertretern im Kampf Mensch gegen Maschine mit Waffengewalt zur Wehr setzen können, müssen wir uns in „DeadCore“ vor allem auf unsere Instinkte und unser Geschick verlassen, um den feindlichen Abwehrmechanismus des Turms zu überlisten. Das Ego-Shooter-Element ist insofern interessant, als dass es in „DeadCore“ keine Gegner im klassischen Sinne gibt. Das heißt, wir müssen uns nicht gegen Armeen von Robotern oder Aliens zur Wehr setzen. Dennoch haben wir alle Hände voll zu tun, den Abzug unserer Plasmakanone zu betätigen. Mal müssen wir im rechten Moment in der Luft einen Schalter betätigen, mal deaktivieren wir durch einen gezielten Schuss Plasmageschütztürme oder fiese Flugroboter, die bei Sichtkontakt unsere Verfolgung aufnehmen und uns mit ihrem äußeren Kraftfeld von der Plattform stoßen wollen. Ruhige Abschnitte werden uns selten gegönnt. Nur durch höchste Konzentration schaffen wir es, unseren Weg durch die mit Fallen gespickten Levels zu bahnen, deren ausgetüftelte Architektur großartig in Szene gesetzt wurde und immer neue Überraschungen für uns bereithält.
Die Übung macht den Meister
Durch unsere Fähigkeit, Doppelsprünge auszuführen, können wir nicht nur weit entfernte Plattformen erreichen, sondern unsere Bewegungen in der Luft besser koordinieren. Es kommt nicht selten vor, dass wir uns mitten in einem bereits als misslungen geglaubten Sprungversuch durch einen weiteren Sprung doch noch auf den rettenden Untergrund manövrieren können. Das liegt vor allem an der höchst präzise und intuitiv ausgefallenen Steuerung von „DeadCore“. Selbst Sprünge auf schmalere Plattformen gehen uns nach einer Zeit sicher von der Hand. Unterstützt wird das Ganze durch eine prächtige Soundkulisse, die von surrenden Energiefeldern über den mystischen Ton beim Betreten der Sprungfeldern bis hin zum organischen Klang unserer Plasmakanone einen großen Anteil an der gelungenen Präsentation der Cyberwelt hat. Die elektronische Musikuntermalung, die mit einer Vielzahl an synthetischen Variationen für ein umfangreiches Klangspektrum sorgt, fügt sich perfekt in das futuristische Endzeitszenario ein.
In grafischer Hinsicht weiß „DeadCore“ ebenso zu gefallen. Die Entwickler haben eine überaus stilvolle Welt mit der Unity-Engine erschaffen, die durch das reduzierte Artdesign eine stimmige Atmosphäre kreiert und ein sehr flüssiges Gameplay bietet. Oft ertappen wir uns dabei, wie wir zwischen zwei waghalsigen Sprungabschnitten kurz innehalten und die überwältigende Weitsicht genießen, die uns nicht nur einen Überblick über bereits absolvierte Levels bietet, sondern auch das zeigt, was noch auf uns wartet. Dieser Ausblick auf kommende Ereignisse sowie die Allgegenwärtigkeit des überragenden Turms tragen viel zu unserer Motivation bei. Während unserer Reise wollen wir immer weiter und höher kommen. Wir haben das Gefühl, dass in dieser synthetischen Welt am höchsten Punkt des Turms ein Geheimnis auf uns wartet, das wir unbedingt lüften müssen. Je näher wir dem Ziel kommen, desto dunkler und gefährlicher wird es für uns.
Durchhalten ist die Devise
Zum Glück gibt es Kontrollpunkte in Form von grün beleuchteten Kreisen, bei denen wir unseren Fortschritt automatisch speichern und die Plasmasalven unserer SwitchGun wieder aufladen. Eine Energieleiste sowie ein Gameover im klassischen Sinne gibt es in „DeadCore“ nicht. Verfehlen wir eine Plattform und stürzen den Abgrund hinab, werden wir ohne lange Ladezeiten beim zuletzt aktivierten Kontrollpunkt wiedergeboren. Die Verteilung der Kontrollpunkte ist überwiegend fair ausgefallen. Sie sind weit genug entfernt, um die Herausforderung nicht zu schmälern, aber nahe genug, um im Falle eines Scheiterns nicht frustrierend zu wirken. Nur vereinzelt treten Trial-and-Error-Passagen auf, die uns vollste Konzentration bei jedem Handlungsschritt abverlangen.
Die schnelle Regeneration unseres Protagonisten im Falle eines missglückten Sprungs ist wichtig für den Spielfluss, denn in „DeadCore“ scheitern wir oftmals im Sekundentakt. Viele Abschnitte, vor allem im späteren Spielverlauf, erfordern eine gehörige Portion Durchhaltevermögen und Selbstkontrolle, um den nächsten Kontrollpunkt zu erreichen. Dann geht es nicht nur darum, klaffende Abgründe zu überwinden, sondern mit schnellen Reflexen tödlichen Laserbarrieren auszuweichen und bestimmte Felder zu aktivieren, um die Gravitation für kurze Zeit zu unseren Gunsten umzukehren. Schon der kleinste Fehler wird mit einem Neustart am letzten Kontrollpunkt bestraft.
Haben wir die Kampagne erfolgreich abgeschlossen, gibt es mit dem Speedrun-Modus eine besondere Option für all diejenigen Spieler, die den Geschwindigkeitsrausch lieben. Dabei gilt es, die Levels so schnell wie möglich zu absolvieren, um die eigene Bestzeit mit jener der anderen Spieler zu messen. Darüber hinaus lassen sich in den Levels allerlei versteckte Blaupausen finden, die Erzählfragmente, neue Musiktracks oder besondere Kurse freischalten, auf denen wir uns zusätzlich in Zeitduellen gegen andere Spieler austoben können.
Offizieller Launch-Trailer
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