Das erfolgreiche Rollenspiel "Das Schwarze Auge: Blackguards" bekommt einen offiziellen Nachfolger. Der zweite Titel der Serie greift die Motive des ursprünglichen Werks auf, wobei die Entwickler versprechen, dass die meisten Kritikpunkte aus der Welt geschafft worden sind. Der folgende Testbericht soll beleuchten, welche Neuerungen "Blackguards 2" bietet und welche Geschichte aus dem DSA-Universum die Fangemeinde erwartet.
Verrat im Königspalast
Regenten haben es in Aventurien nicht leicht. Kaum sind sie an der Macht, müssen sie sich auf Intrigen und Ränkespiele gefasst machen, die schnell ihren Untergang einläuten können. Die Protagonistin Cassia muss dementsprechend ziemlich schlecht auf ihre Rolle als Landesoberhaupt vorbereitet gewesen sein, denn nur so ist zu erklären, dass ihre Herrschaft praktisch über Nacht endet. Der Dolchstoß kommt von unerwarteter Seite, als ihr eigener Ehemann Marwan einen Staatsstreich initiiert. Cassia wird eingekerkert, während alle ihre Verbündeten exekutiert oder verbannt werden. Damit jegliche Erinnerung an die rechtmäßige, vom Volk geliebte Königin verblasst, lässt Marwan alle Abbildungen seiner Frau zerstören. Das Volk ächzt unter der Tyrannei des Despoten, der jegliche Opposition mit sadistischen Maßnahmen gewaltsam unterdrückt.
Ohne Aussicht auf Rettung beginnt die Gefangene, die Umgebung zu erkunden, und entdeckt dabei, dass ihr Kerker ein Labyrinth ist, das von riesigen, angriffslustigen Giftspinnen bevölkert wird. Der Biss dieser als heilig verehrten Viecher ist tödlich für Geist sowie Körper. Wer das Gift in seinen Adern überlebt, hat anschließend einen verunstalteten Körper und wird wahnsinnig. Cassia hat natürlich mehrere Male Feindkontakt mit ihren unerwünschten Zellennachbarn, den Corapien. Sie siecht vor sich hin und klammert sich mit aller Macht an die Lehren eines Buches, das sie auf ihren Streifzügen gefunden hat. Das Manuskript ist eine Art "Wie werde ich Herrscher für Dummies". Diesen Titel hätte sie sich besser zu Gemüte führen sollen, ehe sie das Szepter das erste Mal in die Hand genommen hat. Dann wäre ihr vermutlich der Verrat ihres Ehemannes nicht entgangen.
Auch übermächtige Despoten wie Marwan machen irgendwann Fehler, sodass Cassia schließlich aus ihrem Gefängnis entkommen kann. Allein, verunstaltet, mittellos und geistig verwirrt, hat die Heldin nur ein Ziel: Vor ihrem Tod noch einmal das ganze Reich zu beherrschen, wie das Fachbuch es sie gelehrt hat. Allerdings benötigt jeder Herrscher eine Streitmacht, mit deren Hilfe er auf Eroberungsfeldzüge gehen kann. Daher sucht die Protagonistin ihre ehemaligen Verbündeten auf, um sie für ihre Sache zu gewinnen. Dummerweise sind diese traurigen Gestalten froh, die Konfrontation mit dem aktuellen Diktator überlebt zu haben, und gehen ihren eigenen Geschäften nach. Was kann eine schäbige Gestalt wie sie schon tun, um sich erneut des Vertrauens ihrer Leute als würdig zu erweisen? Es ist viel Überzeugungsarbeit nötig, bis der Zwerg Naurim seine Axt, der Waldmensch Takate seinen Speer und der Magier Zurbaran seinen Stab für ihre Sache schwingen.
Kampf in der Arena
Am Spielprinzip von "Blackguards" hat sich im Nachfolger auf den ersten Blick nicht viel geändert. Die rundenbasierten Kämpfe dominieren nach wie vor das Geschehen. Jedoch steckt wie immer der Teufel im Detail. Bereits bei Cassias Flucht aus dem Labyrinth wird der Spieler mit den Grundlagen der Steuerung vertraut gemacht und bemerkt, sofern er den Vorgänger gekannt hat, dass die Umgebung der Kampflevels eine deutlich größere Rolle spielt, als zuvor. Es gibt Hebel, die Türen öffnen, Brücken senken oder Fallen aktivieren. Einige Bauten wie zum Beispiel Kistenstapel können, wenn sie umgeworfen werden, den Weg des Feindes behindern und sogar ganze Gruppen an Opponenten unter sich begraben. Brücken kürzen den eigenen Weg zum Missionsziel ab, können alternativ auch zerstört werden, sodass der Gegner einen Umweg laufen muss oder im besten Fall in eine bodenlose Tiefe stürzt. Außerdem spielen die Sichtlinie sowie die Reichweite für Fernkampfspezialisten weiterhin eine große Rolle.
Im Laufe der Kampagne wird es immer schwieriger, Kämpfe auf die klassische Art zu gewinnen, indem die eigenen Truppen Runde für Runde Schläge austeilen und schließlich alle Feinde meucheln. Meistens hat der Gegner einen unbegrenzten Nachschub an Soldaten, ist viel besser ausgerüstet und hat deutlich bessere Kampfwerte als Cassias treue Mitstreiter. Folgerichtig sollten die aktuellen Missionsziele genau studiert werden, denn manchmal reicht es beispielsweise schon aus, dass die Helden ein Zielgebiet erreichen. Die "V"-Taste leistet dabei gute Dienste, um missionsrelevante Objekte oder Bereiche zu entdecken. Auf diese Weise können scheinbar unlösbare Aufträge doch noch zum Abschluss gebracht werden. Die Erfahrungspunkte für die erreichten Ziele investiert der Spieler in den umfangreichen Fähigkeitenkatalog seiner Charaktere, sodass die nächste Begegnung mit dem Feind nicht mehr ganz so ausweglos scheint.
Zum Glück beschränkt sich die Schlagkraft von Cassias Aufstand gegen den Despoten nicht allein auf ihre kleine Heldentruppe, denn bereits zu Beginn der Kampagne befreit sie Kämpfer aus einem weit entlegenen Gefängnis, die fortan ihr Heer bilden. Dummerweise handelt es sich bei den Unterstützungstruppen um blutrünstige Fanatiker, die sich die "Stumme Legion" nennen und über jede Gelegenheit freuen, ein Blutbad anrichten zu können. Dementsprechend unbeliebt sind die Rebellen bei der einfachen Bevölkerung. Cassia kann jedoch bei der Wahl ihrer Verbündeten nicht wählerisch sein. Sie muss ihr Reich Stadt um Stadt zurückerobern, um ihr Heer ausrüsten zu können. Dabei hat sie nicht allzu viel Zeit, denn das Gift der Corapien wütet in ihrem Körper und zerstört dabei auch den Geist.
Die Rollenspielelemente von "Blackguards 2" werden beim Fähigkeitenaufstieg der Charaktere sowie bei den Interaktionen außerhalb der Kämpfe besonders ersichtlich. Während unumkehrbare Investitionen in die Spezialisierungen wie Waffenkampf oder Magie den Spielfiguren individuellen Charakter sowie Nutzen in Gefechten verleihen, beeinflussen Gespräche mit Außenstehenden entscheidend den weiteren Ablauf der Kampagne. Informanten oder gefangene Feinde liefern zum Beispiel Hinweise zu Schwächen feindlicher Kommandeure, die Cassia zu ihrem Vorteil nutzen kann. Entscheidungen wie etwa Gnade walten zu lassen und Verräter nicht hinzurichten, können sich später als fatal herausstellen, weil die scheinbar Geläuterten wieder Marwans Truppen verstärken. Allzu gewaltsames Vorgehen beschwört jedoch den Unmut der Bevölkerung herauf, was vermutlich Auswirkungen auf das Spielende haben kann.
Gladiatorenschule
Die Kämpfe in "Blackguards 2" sind selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad deutlich anspruchsvoller, als im Vorgänger. Blindes Draufhauen führt nur zu einem schnellen Tod der Truppe, da die gegnerische KI für jede verlorene Einheit frischen, schlagkräftigen Nachschub erhält, während die eigenen Helden ihre Mana- sowie Ausdauerpunkte unnötig aufbrauchen. Gewiefte Taktiker sind gefragt, denn manchmal genügt es, Feinde auf einen Haufen zu drängen und mit einem Versteinerungszauber zu blockieren, sodass man genug Zeit hat, unbehelligt die Missionsziele zu erreichen. Zusätzlich gibt die "Stumme Legion" ein gutes Kanonenfutter ab, das gelegentlich auch zum Sieg verhelfen kann.
Magier sind nach wie vor die mächtigsten Charaktere, denn sie kontrollieren das Schlachtfeld. Ihre vernichtenden Zauber wie beispielsweise Feuerbälle erreichen jeden sichtbaren Winkel und treffen mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit. Bogenschützen können davon nur träumen. Nahkämpfer taugen lediglich dazu, Hiebe einzustecken, die für Fernkämpfer gedacht sind. Außerhalb der Kämpfe wählt der Spieler auf einer Übersichtskarte das nächste Angriffsziel aus, besucht Städte und Märkte, um sich mit Ausrüstung einzudecken, oder bringt seinen Helden im Camp neue Fähigkeiten bei. Die Suche nach speziellen Lehrern wie im Vorgänger fällt übrigens weg, denn Cassia wird von zwei Experten begleitet, die jede Befähigung vermitteln können.
Observatorium
Die Grafik von "Blackguards 2" hat keine großartigen Veränderungen erfahren. Es gibt mehr benutzbare Objekte in den Kampflevels. Die optischen Effekte sind jedoch eher mittelmäßig. Dabei scheint das Spiel trotzdem ziemlich hardwarehungrig zu sein, denn auf einem aktuellen Rechner mit einem schnellen Prozessor sowie Grafikkarte gab es gelegentlich lange Ladeverzögerungen zwischen den Spielzügen einzelner Figuren. Cineastische Zwischensequenzen gibt es nicht. Vielmehr wird die Hintergrundgeschichte anhand von konzeptartigen Zeichnungen dargestellt, während ein Sprecher das Geschehen erzählt. Ebenso werden Spielfiguren außerhalb der Kämpfe nur als 3D-Modelle dargestellt, aber nicht während der Gespräche untereinander animiert. Dadurch geht viel Rollenspielatmosphäre verloren.
Akustik
Die Synchronsprecher spielen die Figuren sehr glaubwürdig, wenn auch manchmal zu übertrieben. Die Hintergrundmusik untermalt gekonnt das Geschehen. So werden beispielsweise bedrohliche Situationen mit dynamischen Rhythmen angeheizt, während dramatische Momente durch entsprechende Melodien zugespitzt werden. Die Soundeffekte in "Blackguards 2" unterscheiden sich praktisch nicht vom Vorgänger.
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