Es kräht der Hahn, es tuckelt der Traktor über die Felder, jemand ruft „Baum fällt!“, und die Felder blühen. Nein, es ist nicht die neue Staffel von „Bauer sucht Frau“ auf RTL angelaufen, sondern der neueste Teil aus der Welt des Landwirtschafts-Simulators im Handel erschienen.
Rauf auf den Traktor
Der „Landwirtschafts-Simulator 15“ begrüßt Neulinge in der Welt der Landwirtschaft mit 13 Tutorials. Diese enthalten die Grundlagen zum Pflügen, Säen, Grubbern, Ballenpressen und vielen weiteren Facetten des Spiels, die auf dem eigenen Hof eure Aufmerksamkeit verlangen. Leider sind die einzelnen Kapitel so eintönig gestaltet, dass sich das Absolvieren als echte Geduldsprobe herausstellt. Es empfiehlt sich dennoch, wenigstens einige davon auszuprobieren, denn die Steuerung ist anfangs recht unübersichtlich und so muss man wohl des Öfteren in der Anleitung nachschauen, mit welcher Tastenkombination welche Aktion aufgerufen wird. Vorteilhaft ist dabei, dass mögliche Aktionen innerhalb eines Fahrzeugs auch immer direkt im Spielbildschirm mit der benötigten Tastenkombination dargestellt werden. Obwohl es bei der Steuerung recht viele Hinweise gibt, um die richtigen Aktionen aufzurufen, wirkt diese anfangs viel zu gewöhnungsbedürftig und völlig überladen. Besonders auffällig ist dies, wenn es um das Verladen von Strohballen oder Baumstämmen geht. Hierbei gibt es leider immer wieder Frustmomente, weil man stundenlang die Gabeln oder Schaufeln justiert, um dann festzustellen, dass zum Beispiel das Beladen des Anhängers trotzdem nicht vernünftig funktioniert.
Die Fahrphysik allgemein ist sehr unausgeglichen. Die Richtungsschwankungen beim Fahren oder das Vorhandensein eines Tempomats wirken realistisch, doch an anderer Stelle ist dies leider nicht so. Beispielsweise ist es einfach lachhaft, wenn man beim Durchfahren eines hügeligen Waldes immer wieder Hopser mit den Fahrzeugen vollführt oder mit einem Traktor teilweise sehr kleine Kurven gefahren werden können.
Im „Landwirtschafts-Simulator 15“ gibt es für die angehenden Bauern eine Kampagne, die die Landwirte entweder auf eine Farm in Westbridge Hills in Amerika oder auf Bornholm in Skandinavien versetzt. Mehr als diese zwei Spielumgebungen gibt es dabei nicht; zum Glück sind diese aber sehr großflächig angelegt, wodurch es dennoch nicht langweilig wird. Die Kampagne kann in drei Schwierigkeitsgraden gespielt werden, wodurch auch hier noch einmal ein wenig Abwechslung dazukommt.
Achtung Baum fällt!
Wo schon das Tutorial aufgrund der Langwierigkeit wenig Begeisterung hervorrufen konnte, ist auch die Kampagne anfangs ziemlich trist. Zu Beginn gibt es nur wenige Möglichkeiten, um Abwechslung zu schaffen, und so tuckelt man Feld hoch, Feld runter – immer und immer wieder. Dies entwickelt sich schnell zu einem endlosen Kreislauf, der wenig Anspruch und Herausforderung bietet. Optional kann man die Aufgaben auch an KI-Helfer delegieren, allerdings sollte man dabei beachten, dass sich diese auch für das gegenseitige Im-Weg-Stehen bezahlen lassen. Besonders ärgerlich ist es, wenn man die Zeit vorspult und die Traktoren trotzdem nicht schneller fahren, aber die Tageszeiten schneller ablaufen und so mehr Geld abgebucht wird.
Hat man die ersten Spielstunden überstanden, ohne dabei eingeschlafen zu sein, wird das Spiel sogar noch recht unterhaltsam, wenn man den Fuhrpark mit immer mehr Maschinen erweitert und so weitere Möglichkeiten zur Geldeinnahme schafft. Neben dem Bestellen der Felder gibt es dann auch Tiere wie Kühe und Hühner sowie die ganz neue Forstwirtschaft. Für letztgenannte gibt es neben einer Kettensäge, mit der man die Bäume auf den Karten fällen kann, auch Forstgeräte wie einen Timber Runner zum Holztransport, eine Setzmaschine, um neue Baume zu pflanzen, und sogar einen Häcksler. Dieser Arbeitszweig eröffnet neue Möglichkeiten, um Geld zu generieren, wenn man beispielsweise die Felder von der KI bestellen lässt.
Insgesamt fällt auf, dass es viele lizenzierte Fahrzeuge von über 40 Marken gibt. Mit dem ausreichenden Kleingeld kauft man einen Lkw von MAN, eine Säuberungsmaschine von Kärcher, Traktoren von Deutz-Fahr, Lamborghini oder Case IH und so weiter. Wer sich in der Materie ein wenig auskennt, wird hier sicherlich das eine oder andere Fahrzeug wiedererkennen. Für alle anderen ist es sicher nur ein kleiner Aha-Effekt, der aber auch zum Realismus des Spiels beiträgt.
Augen zu und durch
Eine Warnung vorweg: Grafikvernarrte sollten diesen Abschnitt lieber überspringen! Grafisch ist das Spiel nämlich alles andere als eine Glanzleistung, wobei hier einfach mal unterstellt wird, dass das auch gar nicht angestrebt war. Es gibt einfach zu viele Aspekte, die negativ auffallen, und zwar nicht erst beim genaueren Hinschauen. Die zwei Spielumgebungen wirken schon auf den ersten Blick zu leblos und trist, obwohl die Welt durchaus von Personen durchwandert und von Autos durchfahren wird sowie von Bäumen durchzogen ist. Wobei die Menschen nicht nur die Welt durchwandern, sondern auch durch den Spielcharakter hindurchwandern. Kollisionsabfrage? Fehlanzeige! Durch Leitpfosten fährt man auch einfach hindurch, ohne dass diese umfallen oder beschädigt werden, und wenn es mal schnell gehen muss, fährt man auch mal einfach über die Dächer von Autos aus dem Gegenverkehr.
Zudem werden manche Objekte wie Bäume am Horizont nachgeladen und tauchen plötzlich auf, was eine Unruhe im Spielablauf erzeugt, weil ständig irgendwo etwas aufploppt. Gerade weil es nur zwei Karten gibt und diese ziemlich weitläufig sind, wäre beim Design sicherlich ein wenig mehr Schönheit vorteilhaft gewesen. So wirkt es eher, als würde man eine fast ausgestorbene Geisterstadt durchfahren, die von ferngesteuerten Robotern in menschlicher Gestalt bewohnt ist.
Doch als grottenhässlich kann man das Spiel trotz aller angesprochenen Mängel nicht bezeichnen, denn vor allem das Design der Fahrzeuge ist sehr gelungen, und die realen Vorbilder wurden sogar originalgetreu nachgebaut. Zudem wurde auch Wert auf kleine Details wie Fahrspuren im Matsch und Fahrzeuge, die im Laufe der Feldarbeit einschmutzen, gelegt. Hier hat man durchaus bewiesen, dass man grafisch auch eine solide Arbeit abliefern kann. Wieso klappte das dann nicht in anderen Bereichen? Wo die Grafik zum Nörgeln einlädt, gesellt sich der Sound direkt hinzu. Leider hat das Spiel zwar eine Soundkulisse, jedoch keine Sounduntermalung, und so wird man stundenlang nur vom Tuckern der Fahrzeuge begleitet, was recht schnell monoton und nervig wird. Schade, dass es keine Autoradiofunktion gibt, mit der man Musik direkt von der Konsole einspielen kann. Das hätte den Sound aufgewertet und wäre auf jeden Fall besser zu ertragen, als die ewigen Motorengeräusche.
Bauer sucht Mitspieler
Neben der Einzelspielerkampagne gibt es im „Landwirtschafts-Simulator 15“ noch einen Mehrspielermodus. Bei diesem ist es möglich, entweder nach bestehenden Spielen zu suchen oder eines zu erstellen. Bei der Suche hat man die Möglichkeit, sogar nach einer gewünschten Spracheinstellung zu suchen, um so beispielsweise nur deutschsprachige Farmen zu finden. Dies hat den Vorteil, dass zwischen den Mitspielern keine Sprachbarriere entsteht und so die Kommunikation erleichtert wird. Obwohl es zum Zeitpunkt des Tests noch recht viele Spiele zum Beitritt gab, war der Weg bis zum eigentlichen Spiel aber dennoch eine Geduldsprobe. Bei vielen Beitrittsversuchen kam es beispielsweise vor, dass die maximale Spieleranzahl erreicht war oder der Farmbesitzer einen Beitritt ablehnte. Dann ging die Suche wieder von vorne los, um zu hoffen, dass es dieses Mal klappt. Wer aber sowieso viel lieber mit Freunden spielt, für den ist der Mehrspielermodus natürlich eine gute Möglichkeit, um gemeinsam die eintönige Feldarbeit angenehmer zu gestalten. Insgesamt können, je nach Einstellung, sogar bis zu sechs Personen gleichzeitig auf einer Farm arbeiten.
Ja was denn nun? Landwirtschafts-Simulator 15 oder 2015?