Golf mit Grenzen
Entgegen der bisherigen Veröffentlichungspolitik des Herausgebers erscheint das Vorhaben ungewöhnlich, der PGA-Tour-Serie nicht mehr jährlich einen neuen Ableger nachzureichen. Stattdessen will man das Spiel kontinuierlich mit neuen Inhalten füllen. Die vorliegende Verkaufsversion offenbart schnell, dass dies auch unbedingt nötig ist, denn der Umfang enttäuscht auf ganzer Linie und dürfte Fans des virtuellen Golfsports ohne entsprechenden Nachschub nicht allzu lange beschäftigen.
Während der interaktive Prolog, der gleichzeitig das knappe Tutorial beinhaltet, durch seine pathetische Inszenierung mit vielen Zwischensequenzen die Faszination des Sports näher bringt, lässt ein erster Blick ins Hauptmenü berechtigte Zweifel an der potenziellen Langzeitmotivation aufkommen. Für Einzelspieler gibt es ein Schnellspiel sowie die Karriere, in der eigene Charaktere erstellt werden können. Mit seinen limitierten Individualisierungsmöglichkeiten enttäuscht dieser Modus jedoch schon vor dem ersten Ausholschwung. Eine Identifikationsfigur oder gar ein Abbild seiner selbst ist im Editor nur schwer machbar.
Motivation bezieht die Karriere aus den Rollenspielelementen. So wählt man aus drei Biografien und vier Schwerpunkten, nämlich Balance, Präzision, Stärke und Geschick. Weiterhin verfügt jede Figur über 14 Attribute, beispielsweise Kraft, Putting, Spin und Abschlag. Diese Werte verändern sich mit fortlaufender Spieldauer, es winken Erfahrungspunkte für gelungene Runden, und konsequenterweise kommt es dadurch zu Stufenaufstiegen. Außerdem wollen Kleidung und bessere Ausrüstung verdient werden.
Als wirklich erstaunlich entpuppt sich ein ärgerlicher Lapsus in den Grundeinstellungen: Durch das standardmäßig aktivierte Schnellrunden-Feature werden Turniere nämlich schonungslos abgekürzt, zerstückelt und die restlichen Löcher wenig nachvollziehbar simuliert. Im Menü „Round Type“ lassen sich jene „Quick Rounds“ abschalten, um den ohnehin schon knappen Umfang des Karrieremodus nicht noch weiter zu verringern. Selbst an eigentlich obligatorischen Siegerehrungen wurde gespart, dafür springen schmucklose Tabellen in die Bresche.
Überraschenderweise sind es die beinahe 200 Herausforderungen der Night-Club-Challenge, die „Rory McIlroy PGA Tour“ vor dem tiefen Fall in bodenlose 18 Löcher retten. Reizvolle Aufgaben sorgen für Spielwitz und machen enorm viel Spaß. Außerdem verlangen sie dem Spieler einiges ab, wenn es etwa darum geht, bewegliche Objekte zu treffen, in Punktezonen zu landen oder den Golfball durch Luftringe zu manövrieren. Für eine optimale Bewertung kommen witzige Extras zum Einsatz, zum Beispiel Raketenantrieb oder Kleber.
Das war es dann leider auch schon für Einzelspieler. Faktisch fehlt es nicht nur an abwechslungsreichen Modi abseits der Night-Club-Challenge, sondern ganz offensichtlich an weiteren Faktoren. Gerade mal acht reale Kurse und zwölf lizenzierte Golfer wie Martin Kaymer oder Jordan Speith geben sich die Ehre. Bekannte Gesichter wie Tiger Woods, Bernhard Langer oder die gesamte weibliche Vertretung der Sportart tauchen in gar keiner Liste auf, dafür gibt es als Zusatz nur wenige fiktive Figuren und Plätze. Selbst im Mehrspielermodus kann das Spiel nicht lange fesseln. Mehr als Online-Turniere und Head2Head gegen mehrere menschliche Kontrahenten gibt es auch hier nicht.
Schwunghafte Steuerung
Bedienungstechnisch wurde dagegen vieles richtig umgesetzt. Die Schwungsteuerung ist präzise und bietet drei Varianten für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis. Letztere entscheiden sich ohne weitere Umschweife für die universelle Tour-Option mit ihren vielseitigen Möglichkeiten, den Golfball ins Ziel zu befördern. Das bewährte Drei-Klick-System mit eingeblendeter Halbkreisleiste und insbesondere das Arcade-Pendant sind spürbar unkomplizierter. Wer sich hier für keinen Favoriten entscheiden kann, editiert die Belegung einfach nach seinen Vorstellungen.
In jedem Fall sollten immer Windstärke und -richtung, der Untergrund sowie Gefälle respektive Steigung für einen effektiven Schlag abgewogen werden. Das funktioniert im Zusammenspiel mit der nachvollziehbaren Ballphysik solide, bis das Runde schließlich im Loch versenkt werden soll. Das sogenannte Putting ist nämlich vergleichsweise schwierig geraten, weil hier gewohnte Hilfen wegfallen. Zur besseren Übersicht stehen glücklicherweise vier Kameraperspektiven zur Verfügung.
Grafisch zwischen Birdie und Bogey
Optisch glänzt das Geschehen dank der leistungsstarken Frostbite-3-Engine ohne Ladezeiten während der Runden, zumindest auf den ersten Blick. Vor allen Dingen Untergründe wie Grasflächen und Sand wirken sehr ansehnlich, tolle Lichteffekte verhelfen dem Gesamtbild zu dem einen oder anderen schicken Postkartenmotiv. Die enorme Weitsicht ist jedoch mit zahlreichen detailarmen Hintergründen, plötzlich auftauchenden Objekten und Kantenflimmern erkauft. Tageszeiten und Wetter nehmen leider keinen Einfluss auf den spielerischen Alltag.
Rich Lerner und Frank Nobilo geben in nüchterner Art und Weise als Sprecher Kenntnisse wie Kommentare zum Besten, die sich gelegentlich wiederholen. Auf eine Lokalisierung wurde wie bereits in den Vorgängern verzichtet, stattdessen gibt es lediglich englische Sprache und Texte. Geräuschkulisse sowie Musikstücke treffen überwiegend die richtigen Töne.